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Josef Niklasch

Foto von Josef Niklasch
Foto von Josef Niklasch

Josef Niklasch wurde am 17. September 1918 in Sternberg (ehemals Sudetenland) geboren. 1932 kam der damals 14-Jährige mit den Bibelforschern (seit 1931 Jehovas Zeugen) in Verbindung. Seit 1935 arbeitete er als Maschinensetzer in der Zentrale der Zeugen Jehovas in Prag.

Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag 1939 begann für ihn eine Flucht quer durch Europa, denn die Religionsgemeinschaft war bereits seit 1933 in Deutschland verboten, und ihre Mitglieder waren schon in großer Zahl in die Konzentrationslager gebracht worden.

Josef Niklasch flüchtete ohne Papiere zunächst nach Österreich. Dort arbeitete er in einer Untergrunddruckerei und stellte die mittlerweile verbotene Zeitschrift „Der Wachtturm“ her. Bald schlug er sich nach Harlem (Niederlande) durch, um dort in der Zentrale der Zeugen Jehovas beim Aufbau der Druckerei zu helfen. Kaum war sie fertig gestellt, wurden auch die Niederlande von deutschen Truppen besetzt. Josef Niklaschs Antrag auf ein Visum wurde abgelehnt und seine Ausweisung an Deutschland beschlossen. Auf das Betreiben von niederländischen Mitgläubigen hin wurde er nicht an die deutsche Polizei ausgeliefert, was seine sofortige Einweisung ins KZ bedeutet hätte. Er wurde im Schutz der Dunkelheit über die Grenze nach Deutschland gebracht. Es gelang ihm, sich wiederum bis nach Österreich durchzuschlagen, wo er erneut den von den Nationalsozialisten verbotenen “Wachtturm” herstellte.

Am 12. Juni 1940 wurde er von der Gestapo verhaftet und in Wien vor Gericht gestellt. Die Anklage lautete auf Wehrkraftzersetzung und Kriegsdienstverweigerung und endete mit einer Verurteilung zu acht Jahren Zuchthaus nach Kriegsende. Als besonders schwerwiegend wurde ihm angelastet, dass er jedem Wachtturm den Abschiedsbrief eines wegen Wehrdienstverweigerung hingerichteten Bibelforschers beifügte. Josef Niklasch wurde für die Dauer des Krieges ins KZ eingeliefert.

Zunächst kam er in ein Moorlager an der holländischen Grenze, dem Lager I – Börgermoor. Dort musste er in einem Moorgebiet Schwerstarbeit leisten, wodurch er bis aufs Skelett abmagerte. Ende 1943 folgte die Überführung in das Zuchthaus Brandenburg bei Berlin. Dort musste er in der Druckerei der Haftanstalt arbeiten. Hautnah bekam er die Hinrichtungen der Häftlinge – oft Kriegsdienstverweigerer – mit. Er hörte ihre Schreie, bekam mit, wie sie sich zur Hinrichtung anstellen mussten und sah auch die Särge der Hingerichteten.  Wurde ein Sarg herausgetragen, musste der nächste Todeskandidat zum Schaffott schreiten. Auch viele seiner Glaubensbrüder erlitten dieses Schicksal. Sogar noch kurz vor der Auflösung des Zuchthauses wurden viele Häftlinge hingerichtet. Am 27. April 1945 befreite ihn die Rote Armee nach einer dramatischen Schießerei über die Köpfe der Zuchthausinsassen hinweg.

Nach der Befreiung wurde ihm eine Rückkehr in seine alte Heimat behördlicherseits verwehrt;  er durfte nicht ins Sudetenland einreisen. So ging er nach Magdeburg in die Vorkriegszentrale der Zeugen Jehovas in Deutschland.  Dort lernte er seine Frau Margarete kennen, die ebenfalls viele Jahre im Konzentrationslager Ravensbrück als Häftling verbracht hatte. Josef und Margarete Niklasch wurden nach kurzer Zeit der Ruhe in der DDR erneut wegen ihres Glaubens Repressalien ausgesetzt. Sie erlebten erneut Bespitzelung, Verhöre, Benachteilung am Arbeitsplatz und Verhaftung.
1956 zog das Ehepaar schließlich nach Frankfurt am Main. Josef lebte 50 Jahre im Röderbergweg. Seine Margarete verstarb am 26. März 1994. Der Witwer führte nach wie vor seine missionarische Tätigkeit als Zeuge Jehovas durch. Viele Bornheimer kannten ihn, da er immer in der Berger Strasse tätig war.

Josef Niklasch und Dr. Nordhoff enthüllen Gedenkstele für verfolgte Zeugen Jehovas in Frankfurt a.M.
Josef Niklasch und Dr. Nordhoff enthüllen Gedenkstele für verfolgte Zeugen Jehovas in Frankfurt a.M.

Aber er hatte auch eine neue Aufgabe übernommen: im Rahmen vieler Veranstaltungen und Gesprächskreise berichtete er als Zeitzeuge über seine Erlebnisse und Erfahrungen unter totalitären Regierungen. Er wollte dadurch zeigen, dass echter christlicher Glaube Menschen damals motiviert hat, moralischen Widerstand zu leisten und Zivilcourage zu zeigen. Sein letzter Auftritt als Zeitzeuge war am 6. April 2006 im „Erzählcafé“ des Instituts für Stadtgeschichte, geleitet von Dr. Fleiter.  Am 5. September 2005 enthülllte er gemeinsam mit dem damaligen Kulturdezernenten Dr. Nordhoff eine Gedenkstele für die verfolgten Zeugen Jehovas in Frankfurt. Sie steht vor dem Haus Rohrbachstrasse 58.