Biographie Emma Arnold – Kapitel 6 (1945-1979): Rückkehr ins Leben

Im Winter 1944-1945 überquerten die Alliierten den Rhein. Alle gefährlichen Gefangenen sollten in andere Lager nach Deutschland evakuiert werden. Emma sollte nach Ravensbrück verlegt werden. Aber es gab keine Zugverbindung von Gaggenau dorthin. Einige SS Wachen zwangen Emma, zusammen mit einer Gruppe männlicher Gefangener zu laufen. Sie machten an einem Kriegsgefangenenlager Pause, aber als der Tag anbrach, ging der Zwangsmarsch in Richtung Bahnhof weiter. In der folgenden Nacht schlossen die Wachen die Gefangenen in einen leeren Keller ein und schliefen in der Wohnung darüber. Am nächsten Morgen stellte einer der französischen Gefangenen fest, daß die SS geflohen war. Die Männer brachen die Tür auf und flohen in Richtung der Front der Alliierten. Emma hatte nur den Wunsch, Simone finden.

Sie ließ daher die Truppen, die Freiheit bedeuteten, hinter sich und wandte sich inmitten anderer Flüchtlinge in Richtung Süden. Sie trafen auf einen Tieflader, dessen Fahrer anhielt, und den Flüchtlingen anbot, sie mitzunehmen. Emma stieg auf die Ladefläche. Ein Tiefflieger nahm die Straße unter Beschuss. Der Tieflader hielt abrupt an, sodaß die Flüchtlinge von der Ladefläche geschleudert wurden. Emma fiel mit dem Gesicht auf die Betonstraße. Trotz ihrer Verletzungen und obwohl sie Blut im Urin hatte, ging Emma weiter. Schließlich kam sie zu einem kleinen Bahnhof, wo jemand heiße Suppe verteilte. Ein Erste-Hilfe Zelt bot rudimentäre medizinische Behandlung an. Sie hatten lediglich ein rotes Antiseptikum, um die klaffenden Wunden an der Stirn, der Nase und dem Kinn zu säubern.

Ein Zug fuhr in den Bahnhof ein und alle Flüchtlinge rannten, um in den Zug zu gelangen. Als sie Emmas Verletzungen, ihre zerlumpten Kleider und ihre Gebrechlichkeit sahen, traten sie zurück und ließen sie zuerst in den Zug steigen. Beim Umsteigen nutzte sie die Gelegenheit, in einer anderen Rot-Kreuz-Station medizinische Hilfe zu erhalten. Hier gab es zusätzlich zu dem roten Antiseptikum ein schwarzes Puder, um ihre offenen Wunden abzudecken.

Als sie schließlich in Konstanz ankam, ging sie zuerst ins Krankenhaus, um weiter behandelt zu werden, doch es gab keine Arzneimittel mehr. Das einzige, was eine Schwester finden konnte, war ein pinkfarbener selbstklebender Verband. Sie schnitt ihn in schmale Streifen und versuchte damit, die klaffenden Wunden zusammenzuziehen. Emma nahm ihre Suche wieder auf, ihr verletztes Gesicht voller roter, schwarzer und pinker Farbe. Vor sieben Monaten hatte sie in Schirmeck Eugenies letzten Brief erhalten. Durch die vorrückenden Kampflinien waren alle Verbindungen abgeschnitten worden, sodaß Emma in größter Sorge war.

Ihre Tochter erkennt sie nicht

Emma kam zu der Wessenberg‘schen Erziehungsanstalt und setzte sich wieder an denselben Tisch. Vor 22 Monaten war sie gezwungen gewesen, ihre Tochter dort zu lassen. Die Oberinnen riefen Simone herein. Sie kam herein, knickste, und zählte, wie man es ihr beigebracht hatte, auf, über welche Fähigkeiten als Dienstmädchen sie verfügte: „Ich kann kochen, waschen, bügeln und flicken“. Sie legte Stickereien und Handarbeiten auf den Tisch. Dann trat sie zurück, stand starr, wie betäubt und schwieg. Sie war noch genauso groß, sie war überhaupt nicht gewachsen. Sie war genauso stumm wie an dem Tag, als sie nach Konstanz gekommen war.

Auch Emma fehlten die Worte. Wegen der Verletzungen in ihrem geschwollenen Gesicht konnte sie noch nicht einmal lächeln. Schließlich fragte sie, ob Simone freigelassen werden könne. Die Antwort war nein, nicht ohne eine Gerichtsentscheidung. Emma könne zum Gericht gehen und versuchen, die notwendigen Dokumente zu erhalten. Simone wisse den Weg und könne sie hinbringen. Sie gingen nebeneinander den weiten Weg bis zu dem Gerichtsgebäude ohne ein Wort zu sagen oder den anderen an die Hand zu nehmen.

Als Emma von Zimmer zu Zimmer ging, um die Freilassungspapiere zu erhalten, erwachte sie wieder zu Leben. Alle Richter waren geflohen. Die Gerichtsangestellten waren nicht befugt, ihr Freilassungspapiere auszustellen. Emma gab nicht auf. Simone fing an zu weinen, sie zitterte am ganzen Körper und schluchzte hemmungslos. Emma nahm sie in die Arme und versuchte sie zu beruhigen. Sie versprach ihr, eine Lösung zu finden. Da die französische Armee sich Konstanz nähere, würden die Behörden sie bestimmt gehen lassen. Und genau das geschah. Als die französische Armee näher rückte, übergab die Direktorin, Fräulein Lederle, Emma Simone und sagte: „Wir geben Ihnen Simone in dem gleichen Zustand wie bei ihrer Ankunft zurück“. Emma konnte ihre Gefühle nur mühsam zurückhalten.

Die nach dem Krieg umgebaute Wessenberg'sche Erziehungsanstalt für Mädchen
Die nach dem Krieg umgebaute Wessenberg’sche Erziehungsanstalt für Mädchen

Die Schweizer Grenze verlief hinter den Grenzen des Geländes von Wessenberg. Das Schweizer Hilfszentrum bot allen Naziopfern eine Unterkunft, Essen, Desinfektion und medizinische Versorgung an. Auch eine kostenlose Zugfahrt zu einem französischen Hilfszentrum in Evian und weiter in Langres wurde angeboten. Während der Reise versuchte Emma erfolglos, Simone dazu zu bewegen sich zu öffnen. Simone verharrte zurückgezogen und stumm.

Die Rückkehr

Mutter und Tochter verließen Langres als frei Bürger. Sie bestiegen den Zug Paris-Basel und fuhren nach Mühlhausen. Als sie ausstiegen, hörten sie die Ansage für die Deportierten aus Deutschland, die kurz zuvor mit dem letzten Opferspezialtransport angekommen waren. Emma und Simone waren aus der entgegengesetzten Richtung gekommen und waren die letzten Passagiere, die den Fußweg über den Gleisen erreichten. Simone erkannte die kleine Dame, die niedergeschlagen in Richtung Ausgang ging: Tante Eugenie. Tag für Tag, Woche für Woche war sie zum Bahnhof gegangen, um die zurückkehrenden Deportierten zu sehen, ohne Erfolg.

Emma (links) und Eugénie (rechts) ungefähr fünf Wochen nach der Rückkehr Emmas aus dem Lager
Emma (links) und Eugénie (rechts) ungefähr fünf Wochen nach der Rückkehr Emmas aus dem Lager

Emma erkannte Eugenie, die von dem Aussehen ihrer Schwester geschockt war. Sie war kaum zu erkennen. Sie hielten sich in den Armen und weinten. Noch bevor sie den Ausgang des Bahnhofs erreicht hatten, hatte Emma die tröstlichen Antworten auf ihre Fragen erhalten. 
Bergenbach und die Koehls waren alle in Sicherheit. Nur Adolphe war noch nicht zurückgekommen.

Emma ging jeden Tag den schwierigen Weg zum Hilfszentrum und kontrollierte die Vermisstenliste am schwarzen Brett. Als die Wochen vergingen, wurde die Liste immer kürzer. Aber „Arnold, Adolphe“ an erster Stelle der Liste, blieb. Schließlich wurde an seinem Namen „vermißt“ vermerkt.

Sie mußten wieder in ihr Leben zurückkehren. Simone, die jetzt 15 Jahre alt war, hinkte in ihren schulischen Leistungen weit hinterher. Aber zuerst mußten sie beide wieder gesund werden. Die Hoffnung, ihren Vater in der Auferstehung wiederzusehen, sowie die letzten Briefe von Marcel Sutter, der im Gefängnis in Halle im Alter von 24 Jahren enthauptet worden war, trösteten Simone.

Ihr Tochter bei sich zu haben und am Leben zu sein, waren Gründe, dankbar zu sein. Außerdem war ihre Wohnung als einzige nicht angerührt worden, als sich französische und deutsche Truppen einen sechswöchige Straßenschlacht geliefert hatten. Nachdem die Gestapo die Wohnung versiegelt hatte, hatte auch das städtische Sozialamt die Wohnung versiegelt, um die Kosten für Simones Aufenthalt in Konstanz zu sichern.

Ein Schatten kehrt zurück

An einem Tag Ende Mai klingelte es. Simone öffnete die Tür und sah Maria Koehl. Sie flüsterte etwas zu Simone. Dann kam der Schatten eines Mannes langsam hinter ihr die Treppe hinauf. Emma fiel in einer langen Umarmung in Adolphes Arme.

Adolphe Arnold einen Monat nach seiner Befreiung, als er sich mit Hilfe seiner Frau langsam erholte
Adolphe Arnold einen Monat nach seiner Befreiung, als er sich mit Hilfe seiner Frau langsam erholte

Die ungeheure Erleichterung und die glückliche Wiedervereinigung konnten die Schrecken nicht auslöschen. Adolphe war alt geworden, ihm fehlten Zähne, er war teilweise taub und hatte Schwierigkeiten zu atmen. Er stand am Rande des Todes. Ein neuer Kampf begann. Emma gab ihre ganze Kraft in den Kampf um sein Leben, pflegte ihn Tag und Nacht, suchte in Büchern nach Ratschlägen über Ernährung und Naturheilkunde, sie versuchte alles, damit er eine ruhige Nacht hatte. Sie wußte auch, daß ihre Tochter Hilfe – wenn auch anderer Art – benötigte. Ihr Zustand beunruhigte beide Elternteile. Sie war gehorsam und beteiligte sich fröhlich an Aktivitäten, die im Zusammenhang mit ihrem Glauben standen. Aber ansonsten hatte es den Anschein, als hätte sie jeglichen Ehrgeiz und jeglichen Antrieb verloren. Sie war sehr verschlossen, blieb fast immer für sich.

Die Familie Arnold im Jahr 1945
Die Familie Arnold im Jahr 1945

Christliche Vergebung

Zwischen zerbombten Ruinen und einer rachsüchtigen Stimmung konnte es kaum ein normales Leben geben. Diejenigen, die die Nazis unterstützt hatten, fürchteten sich sehr vor der allgegenwärtigen Gefahr, verhaftet zu werden. Frau Eguemann, eine Nachbarin aus dem gleichen Haus, gehörte zu diesen. Jeden Tag konnten Arnolds hören, wie sie hinter der Tür schrie: „Warum holen sie mich nicht ab?“

Mißtrauen grassierte überall. Für Emma kam die Gelegenheit, sich zu rächen. Sie erhielt eine Vorladung, als Zeuge und Klägerin vor einem Gericht in Straßburg zu erscheinen, vor dem der Fall gegen die Aufseherin Lehmann im Frauenlager, die Hyäne von Schirmeck verhandelt wurde. Die Mädchen, die von der Hyäne dafür mißhandelt worden waren, daß sie einer Bibellesung zugehört hatten, hatten Emmas Namen gennant. Der Richter forderte Emma auf, ihre Klage vorzubringen. Emma sprach nicht über die Wochen, die sie wegen Lehmann im Bunker hatte zubringen müssen. Sie bat nur um die Erlaubnis, Lehmann in die Augen sehen zu dürfen. Das wurde ihr gestattet. Sie näherte sich der Angeklagten und blieb still vor ihr stehen, wobei sie sie mit einem langen durchdringenden Blick ansah. (Jahre später erfuhr Emma, daß Lehmann gesagt hatte, diese Augen wären die schlimmste Bestrafung gewesen. Sie habe diesen Blick nicht vergessen können. Sie habe diese Augen überall gesehen.)

Eine weitere Vorladung der örtlichen Polizeibehörde bot eine einmalige Gelegenheit, die Denunziation all der „Hunde“ zu rächen, die das „Kaninchen“ gejagt hatten. Die Polizei benötigte lediglich Emmas Unterschrift, dann hätten sie verhaftet werden können. Aber Emma erklärte zur Überraschung des Polizisten, sie folge als Christin dem biblischen Grundsatz, daß „die Rache des Herrn“ sei. Sie wollte nur wissen, wer sie verraten hatte. Er zeigte ihr die Liste: der katholische Priester, der protestantische Pastor und Frau Eguemann 
waren an ihrer Verhaftung schuld.

Die Jagd der Polizei nach Nazis ging über Jahre, bevor die Gegend als „sauber“ angesehen wurde. Frau Eguemanns Ängste und ihre qualvollen Schreie klangen nach und nach ab. Dann begannen sie jedoch wieder, als sie an Krebs erkrankte. Es gab keine Medikamente, die gegen die unerträglichen Schmerzen halfen. Sie litt an schweren Blutungen und hatte niemanden, der ihr die Kleidung oder die Bettwäsche wechselte. Emma bewies tätige Nächstenliebe und kümmerte sich während derer letzten Wochen mehrmals täglich um die Bedürfnisse ihrer Nachbarin.

Emmas eigene Gesundheit ließ nach. Zum Glück war Simone, als sie ihren ersten Herzanfall hatte, zur Stelle und konnte Hilfe rufen. Die Familie kam sich durch ihre christlichen Tätigkeiten wieder sehr nahe. Trotz der Einschränkungen, die sich aus den gesundheitlichen Problemen ergaben, versuchten sie, ihr Leben, so wie es vor dem Krieg gewesen war, wieder aufzunehmen. Simone war schließlich damit einverstanden, die Kunsthochschule zu besuchen. Adolphe erholte sich soweit, daß er wieder in gewissem Umfang künstlerisch tätig sein konnte. Zwei Jahre nach ihrer Freilassung waren sie wieder etwas zu Kräften gekommen. Sie gingen oft nach Bergenbach, um Emmas älter werdenden Eltern bei der Arbeit auf dem Hof zu helfen.

Adolphe und Emma gingen regelmäßig nach Bergenbach, um ihren älter werdenden Eltern bei der Arbeit auf dem Bauernhof zu helfen
Adolphe und Emma gingen regelmäßig nach Bergenbach, um ihren älter werdenden Eltern bei der Arbeit auf dem Bauernhof zu helfen

Die Nachwirkungen überwinden

Emma verwendete ihre gesamte Kraft darauf, andere aus der Bibel zu belehren. Gemeinsam mit Adolphe konnten sie unzähligen Personen die biblische Hoffnung vermitteln. Emma strickte viele Pullover für Glaubensbrüder und -schwestern. Obwohl vieles immer noch rationiert war, fand Emma einen Weg, für Simone viele Kleidungstücke zu nähen, denn diese wollte in eine andere Stadt ziehen, um dort Menschen aus der Bibel zu belehren.

Nur fünf Jahre nach ihrer Wiedervereinigung zog Simone 1950 von Zuhause aus. Emma unterstützte Simones Plan von vollem Herzen, doch als sie ausgezogen war, schien der Eßtisch zu groß. Sie konnte es nicht ertragen, den leeren Stuhl anzusehen. Adolphe stand kurz vor dem Rentenalter. Sie entschlossen sich daher, in ein Gebiet zu ziehen, in dem mehr Verkündiger benötigt wurden. Für Emma bedeutete dies, mit 60 Jahren den Führerschein zu machen. Es gab nur wenige Autos in dieser Zeit, aber Emma wollte in der Lage sein, die Menschen ungehindert zu besuchen.

Aix-les-Bains 

1961, kurz bevor Adolphe in Rente ging, hatte Emma einen schweren Herzanfall. Simone und ihr Ehemann Max Liebster, die in Paris ihren Dienst verrichteten, wechselten sich dabei ab, für einige Wochen zu helfen. Die Diagnose des Arztes lautete, Emma werde überleben und noch weitere fünf Jahre zu leben haben. Arnolds und Liebster entschlossen sich, gemeinsam in das liebliche Savoyen nach Aix-les-Bains zu ziehen, wo es noch keine Versammlung der Zeugen Jehovas gab.

Das Zuhause der Familien Arnold und Liebster in Aix-les-Bains
Das Zuhause der Familien Arnold und Liebster in Aix-les-Bains
Das Haus war von einem herrlichen Garten umgeben
Das Haus war von einem herrlichen Garten umgeben
Aix-les-Bains liegt am Ufer des Sees Le Bourget (Lac du Bourget)
Aix-les-Bains liegt am Ufer des Sees Le Bourget (Lac du Bourget)

Simone behandelte Emma mit jeder Art von Therapie, sodaß Emma noch 17 Jahre glücklich und aktiv leben konnte. Sie konnte dabei mithelfen, in Aix-les-Bains eine neue Versammlung zu gründen. In der Zwischenzeit ging Eugenie, die geheiratet hatte und deren Mann gestorben war, 1968 in Rente und zog von Oderen in die Nähe ihrer Schwester. Von diesem Tag an war sie wieder jeden Mittag zum Essen bei Arnolds. Sie überlebte ihre Schwester um 10 Jahre.

Die vereinte Familie 1977 vor dem Haus. Von links nach rechts: Max, Simone, Emma, Adolphe, Eugénie
Die vereinte Familie 1977 vor dem Haus. Von links nach rechts: Max, Simone, Emma, Adolphe, Eugénie

Emmas Kraft verließ sie nach und nach. Sie konnte nicht mehr hören, und ihre Stimme war manchmal kaum noch vernehmbar. Sie schrieb kurze, ermunternde Notizen, die sie um Ausgaben des Wachtturms wickelte und abgab. Während sie im Auto saß und geduldig auf die Rückkehr ihres Fahrers wartete, winkte sie vorbeikommende Personen heran und gab ihnen eine Ausgabe.

Simone mit ihrer verwitweten Mutter
Simone mit ihrer verwitweten Mutter

Im Dezember 1977 erlitt Adolphe einen Schlaganfall. Sie brachten ihn sofort in das örtliche Krankenhaus, wo er verstarb. Simone kam mit dem Ehering ihres Vaters zurück. Emma  sah sie gelassen an und sagte: „ Ja ich weiß es“. Nach einer langen Pause fuhr sie fort: „ Wenn Adolphe wiederkommt, kann er wieder hören. Er kann wieder Menschen belehren und ihnen helfen zu glauben, wie er es früher getan hat“.

Emma lebte danach noch 16 Monate. Während dieser Zeit las sie in ihrer Bibel und machte sich geschichtliche Notizen über die Könige, die in den Königreichen um das alte Israel herum geherrscht hatten. Eugenie sah keinen Nutzen in dieser langweiligen Beschäftigung und fragte Emma, warum sie das tue. „Wenn ich in der Auferstehung jemanden treffe, der in Sargons Zeit gelebt hat, möchte ich in der Lage sein, diese Zeit und wie sie die Ansichten einer Person beeinflußt hat, zu verstehen. Denn nur dann kann ich die richtigen Worte finden“.

Die letzte Woche ihres Lebens begann im März 1979. Emma, die nun 80 Jahre alt war, wurde für ihren letzten schmerzhaften Kampf ins Krankenhaus gebracht. Emma wußte, daß ihr Ende nahe war. Simone saß an ihrer Seite, als Emma ihren letzten Wunsch äußerte, eine langjährige Zeugin zu besuchen, die gerade eine schwere Operation hinter sich gebracht hatte: „Geh Joséphine besuchen. Sie benötigt deinen Besuch und das du sie tröstet“.