Erster Stolperstein in St. Veit erinnert an mutigen Zeugen Jehovas

Porträt von Hermann Göschler
Porträt von Hermann Göschler. Quelle: Verein Lila Winkel

Am 2. Dezember 2024 wurde in der Lindengasse 2 in St. Veit an der Glan der erste Stolperstein des Bezirks verlegt. Er erinnert an Hermann Göschler, einen jungen Mann, der 1939 wegen „Wehrkraftzersetzung“ von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde.

Wer war Hermann Göschler?

Hermann Göschler wurde am 20. Februar 1915 in Freundsam bei Liebenfels (Kärnten) geboren. Nach seiner Schulzeit in Gradenegg erlernte er den Sattler- und Tapeziererberuf. In einer Zeit großer wirtschaftlicher Not arbeitete er unter anderem bei der Großglockner Hochalpenstraße und diente zwei Jahre im österreichischen Heer.

Mitte der 1930er Jahre kam Göschler durch einen engen Freund mit Literatur der Zeugen Jehovas (damals „Bibelforscher“ genannt) in Kontakt. Das intensive Studium der Bibel führte dazu, dass er 1936 aus der Kirche austrat und seinen Glauben als Zeuge Jehovas bekannte.

Aufgrund seiner religiösen Überzeugung konnte Göschler es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, gegen seine Mitmenschen die Waffe zu erheben. Er verweigerte den Wehrdienst, als Österreich bereits von Nazi-Deutschland annektiert war.

Verhaftung und Hinrichtung

Im Jahr 1939 wurde Hermann Göschler in Klagenfurt verhaftet und nach Völkermarkt überstellt, wo er brutal misshandelt wurde. Anschließend wurde er nach Deutschland gebracht, wo am 26. September 1939 vor dem Reichskriegsgericht Anklage gegen ihn und andere Zeugen Jehovas aus Österreich erhoben wurde.

Am 11. November 1939 wurde er zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde bereits am 22. November bestätigt und am 1. Dezember 1939 in der Strafanstalt Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil vollstreckt. Hermann Göschler wurde nur 24 Jahre alt.

Bedeutung des Stolpersteins

Stefan Regenfelder, Leiter des Museums und Stadtarchivs St. Veit, betonte bei der Verlegung: „Mit dieser ersten Verlegung machen wir einen Teil der Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus sichtbar und schaffen einen Ort des Innehaltens und Erinnerns.“ Es sei ein erster Schritt, um eine nachhaltige Gedenkkultur zu etablieren.

Peter Stocker vom Verein „Lila Winkel„, der sich der Rehabilitierung von NS-Opfern widmet, bezeichnete diesen ersten Stolperstein in St. Veit als „überfällig“ und sprach von einer „Säumigkeit in der Gedenkkultur im Bezirk“.

Die Stolperstein-Initiative

Die Stolpersteine sind ein Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig, der 1992 vor dem Kölner Rathaus damit begann. Mittlerweile wurden mehr als 100.000 dieser Messingtafeln in ganz Europa verlegt. Sie erinnern an Menschen, die vom NS-Regime verfolgt, ermordet, deportiert oder vertrieben wurden.

In Klagenfurt befinden sich bereits 39 Stolpersteine, während es in anderen österreichischen Städten deutlich mehr gibt: Salzburg hat 400, Graz 200 und Wiener Neustadt 100.

Die Gedenkveranstaltung im Anschluss an die Verlegung fand im Rathaus von St. Veit statt, mit Vorträgen von Dr. Harald Walser, Dr. Gerti Malle und Manfred Morokutti vom Mauthausen Komitee Kärnten.

Bürgermeister Martin Kulmer (SPÖ) rief die Bevölkerung zur Teilnahme an der Stolpersteinverlegung sowie an der Gedenkveranstaltung auf: „Es ist unsere Pflicht, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachzuhalten und künftigen Generationen die Wichtigkeit von Toleranz und Menschlichkeit zu vermitteln.“

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